Einleitung

PROWIMO ist ein prognostisches mesoskaliges Modell und ist vom physikalischen Inhalt vergleichbar mit den in Deutschland eingeführten Modellen METRAS-PC und FITNAH. 

Das Modell PROWIMO ist validiert (Flassak 2016, 2018) nach Richtlinie VDI 3783 Blatt 7. 

Das Modell PROWIMO basiert auf Flassak (1990) und wurde in letzter Zeit im Büro komplett neu programmiert und erweitert. Zum Beispiel werden für klimatologische Bewertungen die Größen PMV (Predicted Mean Vote) und die "gefühlte Temperatur" nach VDI 3787 Blatt 2 (2008) bestimmt. PROWIMO ist geeignet, lokal vorherrschende Strömungs- und Temperaturverhältnisse hinreichend genau zu modellieren. Das Modell bietet die Möglichkeiten, individuell auf standortspezifische Gegebenheiten angepasst zu werden.

Mit dem prognostischen Modell PROWIMO liegt nun im Büro Lohmeyer zusätzlich zu dem wissenschaftlich anerkannten und zuverlässigem Modell METRAS-PC ein weiteres Instrument vor, das z. B. für die klimatologische Bewertung von geplanten Pumpspeicherseen oder Landnutzungsänderungen im mesoskaligen Maßstab eingesetzt werden kann.

Modellbeschreibung

Das Modell PROWIMO beruht auf den physikalischen Erhaltungsgleichungen für Impuls, Masse und Energie, die in Flussform dreidimensional numerisch gelöst werden. Prognostisch werden Wind (= Komponenten u, v, w), potentielle Temperatur und Feuchte sowie die Oberflächentemperatur und Oberflächenfeuchte berechnet. Diagnostisch ermittelt werden der nichthydrostatische und der hydrostatische Druckanteil, die Temperatur, die Diffusionskoeffizienten, die Schubspannungsgeschwindigkeit, die Skalengrößen für Temperatur und andere skalare Größen.
Im Modell werden die anelastische Approximation und die Boussinesq-Approximation verwendet. Die hydrostatische Approximation wird nur für den großskaligen Grundzustand und den hydrostatischen Druckanteil als gültig vorausgesetzt. Für den nichthydrostatischen Druckanteil wird eine elliptische Differentialgleichung im bodenfolgenden Koordinatensystem gelöst. Die subskaligen turbulenten Flüsse werden über eine Schließung 1. Ordnung parametrisiert.
Die vollständige Dokumentation zu dem Modell PROWIMO (physikalische Grundlagen, Approximationen, numerische Verfahren, Rand- und Anfangsbedingungen, Parametrisierungen) ist zu finden bei Flassak (1990).

Anwendungsbeispiel "Simulation der Kaltluftströmung im Grossraum Stuttgart"

Für die Simulationen von Kaltluftströmungen stehen seit vielen Jahren zweidimensionale, die sogenannten Flachwassergleichungen lösenden Modelle, z. B. Modell KALM (Schädler, 1994), im routinemäßigen Einsatz. Ist jedoch eine Kaltluftströmung für den Fall zu simulieren, dass z. B. gleichzeitig ein übergeordneter Wind weht, muss anstatt eines zweidimensionalen Modells ein höherwertiges, z. B. ein dreidimensionales prognostisches mesoskaliges Modell eingesetzt werden.

Ein Feldexperiment, auf Basis dessen nachgewiesen werden kann, dass ein dreidimensionales prognostisches mesoskaliges Modell in der Lage ist, eine derartige meteorologische Situation beschreiben zu können, sind die in Stuttgart während Kaltluftbedingungen durchgeführten Fesselballonmessungen (Vogt et al., 1999). In der Messnacht des 1. April 1997 bestand im Stuttgarter Kessel ein zweigeteiltes, d. h. ein "oberes" und ein "unteres", voneinander entkoppeltes Windsystem: Am Messort "Planetarium" (vgl. Abb. 1 links) herrschte in der Messnacht um 22.00 Uhr vom Erdboden bis in eine Höhe von ca. 100 m Süd- bis Südwestwind. Bei dieser bodennahen Luftströmung handelte es sich um Kaltluftflüsse aus dem Nesenbachtal über den Stuttgarter Talkessel bis ins Neckartal. Darüber drehte der Wind scharf abgegrenzt auf östliche Richtung, was der überörtlichen Windrichtung entsprach. Oberhalb der Windscherung stieg die Windgeschwindigkeit kontinuierlich bis auf Werte von 7 m/s an. Am Messort "Höhenpark" (ca. 100 m höher gelegen als Messort "Planetarium", vgl. Abb. 2 links) war die bodennahe Windrichtung Westsüdwest und drehte mit zunehmender Höhe über Nord nach Ost. Das "untere" Windsystem hatte dort eine Mächtigkeit von ca. 50 m. Die beiden Messorte "Planetarium" und "Höhenpark" sind in Abb. 3 eingetragen.

Abb. 1: Gemessene (links) und simulierte (rechts) Vertikalprofile am 01.04.1997 um 22.00 Uhr am Standort "Planetarium"

Abb. 2: Gemessene (links) und simulierte (rechts) Vertikalprofile am 01.04.1997 um 23.00 Uhr am Standort "Höhenpark"

Im Folgenden werden Simulationsergebnisse gezeigt, die mit dem dreidimensionalen prognostischen mesoskaligen Windfeldmodell PROWIMO für die Messnacht des 1. April 1997 erzielt worden sind. Das Simulationsgebiet hat eine Größe von horizontal ca. 30 km x 30 km. Die horizontale Maschenweite im inneren Untersuchungsgebiet der Größe von 20 km x 20 km beträgt 100 m. Vom Boden bis zu einer Höhe von 120 m ist die vertikale Maschenweite 10 m, darüber nimmt sie zu.

Abb. 3 zeigt die Verteilung des Windfeldes um 22.00 Uhr in einer Höhe von 10 m über Grund. Die Simulationsergebnisse zeigen die beobachteten Kaltluftflüsse aus dem Nesenbachtal über den Stuttgarter Talkessel bis ins Neckartal. In den Höhenlagen hingegen werden Winde aus östlichen Richtungen berechnet. Das simulierte Vertikalprofil der Geschwindigkeit am Standort "Planetarium" zeigt Abb. 1 rechts und am Standort "Höhenpark" Abb. 2 rechts. Qualitativ ergibt sich eine gute Übereinstimmung zwischen dem simulierten und gemessenen Profil, auch bezüglich der Höhenlage der Windscherung. D. h. das Modell PROWIMO ist in der Lage, das "obere" und das "untere", voneinander entkoppelte Windsystem zu simulieren.

Abb. 3: Simulierte Bodenwindverteilung für den 01.04.1997 um 22.00 Uhr in 10 m über Grund mit Fesselballonmessstandorten "Planetarium" und "Höhenpark"

Wird die Höhe des Geschwindigkeitsminimums als Höhe der Kaltluftschichtdicke definiert, so ist am Standort "Planetarium" ("Höhenpark") die simulierte Kaltluftschichtdicke mit ca. 150 m (75 m) etwas höher als der gemessene Wert von 120 m (50 m). Hingegen sind die simulierten Kaltluftgeschwindigkeiten bis auf die untersten 30 m am Standort "Planetarium" geringer als die Messwerte.

Ein integrales Maß für den Messwert-Rechenwert-Vergleich stellt die sogenannte Volumenstromdichte dar. Sie ist der gesamte Kaltluftvolumenstrom durch eine 1 m breite Fläche vom Erdboden bis zur Höhe der Kaltluftschichtdicke [Einheit: m³/(sm)]. Um 22.00 Uhr wurde am Standort "Planetarium" aus den Messungen ein Wert von 172 m³/(sm) für den Aufstieg des Fesselballons und 146 m³/(sm) für den Abstieg bestimmt. Aus der Simulation ergibt sich eine Volumenstromdichte von 146 m³/(sm), d. h. ein Wert innerhalb der Bandbreite der beiden Messwerte. Am Standort "Höhenpark" wurde um 23.00 Uhr ein Messwert von 51 m³/(sm) für den Aufstieg und 52 m³/(sm) für den Abstieg bestimmt. Die Simulation ergibt 63 m³/(sm), d. h. ein geringfügig höherer Wert als die Messwerte. 

Eine Visualisierung des Tagesgangs der Strömungsverteilung ist zu finden unter: http://youtu.be/deGpuvRPXTs. Die Visualisierung erfolgt mit der Software ParaView, siehe: http://www.paraview.org/  

Literatur






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